Erdgas in der Industrie: So gelingt der Ausstieg

Die Folgen des Ukraine-Kriegs sind auch in Österreich deutlich spürbar. Die Erdgaspreise explodieren. Doch derzeit kann die Industrie nicht auf Erdgas, das zu 80% aus Russland importiert wird, verzichten. Thomas Kienberger ist Leiter des Lehrstuhls für Energieverbundtechnik an der Montanuniversität Leoben. Er beschäftigt sich mit dem Exit aus der Abhängigkeit.
Thomas Kienberger
© Thomas Kienberger

So viel Erdgas braucht die Industrie in Österreich

Österreich ist ein energieintensives Land. Die produzierende Industrie zählt zu den größten Energieverbrauchern, auch was Erdgas betrifft. Industrieprozesse sind derzeit für ca. 38 % der gesamten Primärenergienachfrage verantwortlich. Selbst bei sehr energieeffizientem Vorgehen ist auch weiterhin mit hohem Gasbedarf zu rechnen. Dieser soll aber in Zukunft zu einem weitaus größeren Teil aus heimischen Erneuerbaren gedeckt werden. Denn 2040 will Österreich klimaneutral, gegenwärtig aber vor allem unabhängiger von Erdgasimporten aus dem Ausland sein. Thomas Kienberger von der Montanuni Leoben beschäftigt sich, unter anderem in einer Studie zu Erneuerbarem Gas in Österreich, mit möglichen Alternativen zu fossilem Erdgas. Für ihn gibt es keine Kompromisse: „Es ist Zeit zu handeln. Wir müssen raus aus fossilem Erdgas, ein deutlicheres Zeichen kann es nicht mehr geben. Die hohen Gaspreise strecken die Industrie nieder. Es gibt Unternehmen, die im internationalen Wettbewerb stehen und die hohen Erdgaspreise nicht einmal an die Endverbraucher weitergeben können. Die haben ein Riesenthema. Außerdem sind wir es unserer Umwelt schuldig.“

Raus aus importiertem Erdgas: Wie kann der Exit gelingen?

Auch das grüne Herz Österreichs, die Steiermark, ist derzeit noch stark auf den Energieträger Erdgas angewiesen. Besonders viel Erdgas fließt in der Stahl- und Papierindustrie. „Bei einem gesamten industriellen Endenergiebedarf von rund 19,6 TWh/a werden rund 7,7 TWh/a Erdgas eingesetzt. Das sind ca. 40%. Für industrielle Raumwärme- und Niedertemperaturanwendungen unter 200°C, werden allein 3,6 TWh an Erdgas benötigt“, sagt Kienberger. Doch es gibt einen Weg nach Draußen. Zuerst müsse man aber erst einmal stabilisieren, damit es in der Industrie zu keinen weiteren Produktionsausfällen kommt und die Inflation nicht durch die Decke geht. Da ist die EU dran. „Langfristig gesehen ist aber auch in der Steiermark der Ausbau von Erneuerbaren unsere Chance, aus der Abhängigkeit zu kommen. Da sind die Unternehmen im Green Tech Valley, dem Süden Österreichs, schon gut unterwegs. Sie setzen auf Technologien, die auf der einen Seite weniger Gas verbrauchen und auf der anderen sich besonders gut für den Betrieb mit den zum Teil schwankend anfallenden Erneuerbaren eignen.“ 

Steirische Technologien auf dem Weg zu weniger Erdgas

Die Unternehmen und Forschungseinrichtungen im Green Tech Valley sind schon jetzt daran mit innovativen Technologien die Energiewende in der Industrie voranzutreiben. Kienberger spricht in diesem Zusammenhang von vier wirkungsvollen „Technologiefamilien“, an denen auch in der Steiermark gearbeitet wird: „Eine Lösung wäre, einen größeren Teil der derzeitigen Erdgasversorgung durch erneuerbare Gase, wie zum Beispiel Bio-Methan, abzudecken. Aber auch eine stärkere Elektrifizierung der Industrie, sprich der Einsatz von mehr Wärmepumpen, beispielsweise in der Trocknung, wäre hilfreich. Die Nutzung von industrieller Abwärme zu Heizzwecken ist eine weitere Möglichkeit.“ Als enorm wirksamen Hebel zur Dekarbonisierung der Zement- oder Metallproduktion nennt Kienberger auch Carbon Capture and Use. Dazu gäbe es auch ein Best Practice Beispiel: „Wir haben gerade im Mürztal, im Stahlwerk Breitenfeld Edelstahl sauerstoffbetriebene „Oxyfuel Brenner“ installiert und in Betrieb genommen. Wir sparen hier enorm viel Erdgas ein. Außerdem sind die Abgase, die die Brenner verursachen sehr rein, sprich der enthaltene CO2 Anteil ist sehr hoch. Sie können also als internes Produktionsmittel wiederverwendet werden. So schließt sich der Kreislauf.“ Das Großartige daran: Mit nur einem solchen Projekt in der Stahlindustrie kann so viel CO2 eingespart werden, wie eine ganze Kleinstadt ausstößt.

Ist das österreichische Energiesystem in Zukunft frei von Energieimporten?

Das sieht Thomas Kienberger nicht. Auch in Zukunft werde es Energieimporte brauchen, aber weniger: „Wir haben in Österreich bzw. Mitteleuropa einfach nicht genügend freie Flächen für den Ausbau von Erneuerbaren Energien. So können wir uns nicht komplett allein versorgen. Hier kommt aber das Thema Wasserstoffimporte ins Spiel. Wasserstoff kann aber natürlich auch lokal erzeugt werden. Da gibt es beispielsweise eine Kooperation zwischen Energie Steiermark und der steirischen Wolfram Bergbau und Hütten AG, in deren Rahmen Wasserstoff klimaneutral erzeugt und dann für die Produktion verwendet wird.“ Das Unternehmen sicherte sich bereits 70 Tonnen H2 jährlich, um seine Fertigung noch nachhaltiger zu gestalten.

Für Kienberger ist das Green Tech Valley „typisch Österreich“ und eine echte Vorzeigeregion hin zu mehr Erneuerbaren Energien und Versorgungsicherheit. Das Land ist gerüstet: „Wir haben es in Österreich immer sehr gut geschafft für die Themen, die drängen Hightech zu liefern. Weil wir gute Ingenieure und top Forscher ausbilden und sehr gut an die Anforderungen der Industrie gekoppelt sind. Durch diesen Innovationskreislauf können wir auf Herausforderungen schneller und stärker reagieren als andere. So schaffen wir die grüne Transformation.“ 

Ein Artikel von Christina Kropf im Auftrag des Green Tech Valley Cluster

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Bernhard Puttinger
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